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Der Tag, an dem „Opa Bernhard“ die Firma Barkassen Meyer gründete

1951: Fahrgäste warten an Bord auf das Ablegen der Barkassen Gerda 1 und Gerda 2. (Foto: Wunder)

28. März 1919 - Der Tag, an dem "Opa Bernhard" die Firma Barkassen Meyer gründete

Der Hamburger Hafen ohne Barkassen, das wäre wie Venedig ohne Gondeln! Vor 100 Jahren, unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, beginnt die spannende Geschichte eines der traditionsreichsten Barkassen-Unternehmen im Hafen. Was ein charismatischer Kellner aus Österreich und ein Pudel, der gar keiner war, mit „Barkassen Meyer“ zu tun hat? Lesen Sie doch einfach selbst.

1951: Fahrgäste warten an Bord auf das Ablegen der Barkassen Gerda 1 und Gerda 2. (Foto: Wunder)
1951: Fahrgäste warten an Bord auf das Ablegen der Barkassen Gerda 1 und Gerda 2. (Foto: Wunder)

„He lücht“, so werden die Barkassenführer in Hamburg traditionell genannt. Das kommt aus einer Zeit, als es im Hafen noch viele Seeleute und Hafenarbeiter gab. Und wenn die hörten, mit was für ’nem Tünkram die Barkassenführer ihre Passagiere auf den Schiffen unterhielten, dann riefen sie ihnen auf Plattdeutsch „He lücht!“ hinterher. Er lügt!

„Natürlich machen meine Barkassenführer nach wie vor ihre Witze, ein bisschen Schnack ist mit dabei, aber gelogen wird nicht, darauf lege ich Wert“, sagt Hubert Neubacher, 46-jähriger Chef von „Barkassen Meyer“. „In Zeiten von Internet und iPhone würde das auch sofort auffliegen. Wir sind Multiplikatoren für Hamburg, da können wir keinen Blödsinn erzählen.“ Neubacher lacht: „Wir übersetzen ,He lücht‘ heute lieber mit ,Er leuchtet‘, weil eben alle unsere Barkassenführer große Leuchten sind.“

Am 28. März wird gefeiert. Denn da sind 100 Jahre vergangen, seit Bernhard Meyer – „Opa“, wie ihn alle nennen – einen „Pudel“ anschaffte. Genauer gesagt: eine Barkasse, die „Pudel“ hieß. Der Name gefiel ihm wohl nicht, deshalb benannte er das Schiff nach seiner Tochter um: „Gerda“.

Bernhard Meyer, geboren am 25. Juli 1890, hatte im Ersten Weltkrieg auf einem Schnellboot gedient, sich danach zunächst als Schiffer bei der Bugsier-Dampfschiffreederei verdingt, bevor er sich schließlich selbstständig machte. Firmensitz war 1919 wie heute die Brücke 2, der „Uhrenturm“ der St. Pauli-Landungsbrücken.

Der seltsame Name des Betriebs lautete „Barkassen-Anruf Bernhard Meyer“. Anfangs führte Bernhard Meyer Hafentransporte durch. Fährfahrten für Schiffsmakler, Schiffsbesatzungen und Schiffsausrüster kamen hinzu, und tägliche Hafenrundfahrten gab es auch schon.

Hubert Neubacher, 46-jähriger Chef von „Barkassen Meyer“. (Foto: Wunder)
Hubert Neubacher, 46-jähriger Chef von „Barkassen Meyer“. (Foto: Wunder)

Im zweiten Weltkrieg wurden viele Barkassen beschlagnahmt

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, zog die Marine Meyers Schwiegersohn Hans Hähnsen als Schiffsführer ein und requirierte außerdem etliche Barkassen. „Opa“, der schon zu alt war, um noch Soldat zu werden, blieb in der Heimat und versuchte den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Er verlor seinen Optimismus auch nicht, als Bomber 1943 sein Wohnhaus zerstörten. Er krempelte die Ärmel hoch, baute sich dort, wo heute der „Beachclub Strand Pauli“ steht, ein neues Heim.

Nach dem Krieg kauften Opa Bernhard und sein Schwiegersohn Hans Hähnsen weitere Barkassen hinzu, darunter die „Bernhard“, mit der „Opa“ 1952 das Rennen um das „Blaue Band der Elbe“ gewann. Dazu bediente er sich allerdings einiger Tricks: Um geringeren Luftwiderstand zu haben, demontierte er das Ruderhaus. Außerdem schmierte er den Unterwasserrumpf mit grüner Seife ein.

Im Jahr danach verschluckte sich Bernhard Meyer an einer Fischgräte und starb. Erst führte Schwiegersohn Hans Hähnsen das Unternehmen weiter, dann übernahm dessen Sohn Bernhard Hähnsen gemeinsam mit Lebensgefährtin Ruth Junker das Ruder. Bernhard und Ruth leisteten Pionierarbeit: Denn 1989 lief die „Hamburger Deern“ vom Stapel, das erste privat gebaute und sinksichere Fahrgastschiff in Hamburg.

Am 16. Juni 1994 trat ein 22-jähriger Österreicher in die Firma ein: Hubert Neubacher. Der gelernte Restaurant-Fachmann hatte keine Lust mehr aufs Kellnern und wurde Assistent der Geschäftsleitung. Neubacher machte seinen Job mit so viel Hingabe, dass ihm seine Chefs irgendwann sagten, dass er, wenn er 30 ist, den Laden übernehmen wird.

Gründer Bernhard Meyer (Foto: Wunder)
Gründer Bernhard Meyer (Foto: Wunder)

Ein Österreicher leitet jetzt die Firma Barkassen Meyer

Hans Hähnsen und Kollegen, "he Lücht" (Foto: Wunder)
Hans Hähnsen und Kollegen, "he Lücht" (Foto: Wunder)

Eines Tages Anfang Mai 2002 – es war ein Sonntag – stand Ruth Junker von ihrem Bürosessel auf, packte ihre Tasche und sagte: „So, das war’s, ich gehe jetzt.“ Als Neubacher entgegnete: „Ja, alles klar, bis morgen“, fügte Ruth Junker hinzu: „Ich glaube, du verstehst mich nicht richtig. Du wirst doch nächste Woche 30.“ Ruth Junker ist danach tatsächlich nie wieder im Unternehmen aufgetaucht.

So kommt es, dass heute ein Österreicher die Firma leitet. Die Flotte umfasst inzwischen neun Schiffe, darunter befindet sich immer noch die siegreiche „Bernhard“, mit der der Opa 1952 das Rennen ums Blaue Band gewann – heute heißt sie allerdings „Seute Deern“.

Zum Schluss verraten wir ein kleines Geheimnis: Anlässlich des 100. Jubiläums läuft demnächst das zehnte Schiff der Flotte vom Stapel: „Ennstal“ wird es heißen – so, wie das Tal in der Obersteiermark, aus dem Neubacher stammt. Ein sogenanntes „Kunstschiff“ wird es werden – es wird von einem Pop-Art-Maler aufwendig gestaltet. Allerdings verrät Neubacher noch nicht, welchen Star er dafür verpflichtet hat. „Ich spreche darüber erst, wenn das Werk vollendet ist.“

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